Am Rand von Zeit und Welten

„Schön, dass zumindest die meisten hergefunden haben – und jetzt müsst ihr bitte ein bisschen zusammenrücken.“ Ungewöhnliche Worte für die Eröffnung einer Vernissage. Aber die Kunstmühle Flachslanden ist noch ein ganz neuer Kulturort und Navis tun sich mit der Adresse schwer. Dafür sind die Nachbarn um so netter und leiten amüsiert Kulturinteressierte aus dem ganzen Landkreis in die Kunstmühle.

Dort haben sich zur Vernissage von Maria Semmer so viele Menschen eingefunden, dass der Platz in der historischen Scheune bei Punsch und Glühwein langsam knapp wird. Zeit also, die Ausstellung „Am Rand von Zeit und Welten“ zu eröffnen.

Fotos: Raphael Rother

Vereinsgründerin Lisa Renz-Hübner bedankt sich bei der Eröffnungsrede vorab noch bei all denen, ohne die die Ausstellung nicht möglich gewesen wäre: Viele fleißige Hände, die über die letzten Wochen und Monate aus dem ehemaligen Pferdestall der historischen Mühle einen charmanten Ausstellungsraum geschaffen haben. Und bei der Stiftung Bundespräsident Theodor Heuss Haus, dem Verein Neuland gewinnen und dem Thünen Institut für Regionalentwicklung, die über das Förderprogramm „Land lebt doch“ speziell Initiativen in ländlichen Regionen fördern. „Wir möchten gemeinsam darüber nachdenken, wie die leerstehenden Gebäude in den ländlichen Regionen genutzt werden können. Der ländliche Raum verändert sich und wir möchten daran mitarbeiten, dass Menschen gerne hier leben und Raum für Kultur und Austausch haben“, fasst Lisa Renz-Hübner die Grundgedanken der Kunstmühle zusammen.

Für Familien gab es im Oktober schon eine Veranstaltung mit der Hula-Hoop-Künstlerin Carmen La Tanik, jetzt also eine Ausstellung der Fotografin Maria Semmer. Die natürlich ganz anderes Publikum anzieht. Viele Kulturschaffende und -interessierte aus dem Landkreis haben sich eingefunden.

Maria Semmer führt die Menschen durch die Ausstellung. Ihre Werke fügen sich perfekt in diesen besonderen Raum, wurden zum Teil eigens dafür geschaffen. Die Fotografien von Maria Semmer erzählen von Träumen, Zwischenwelten und Geistern. Sie laden den Betrachter ein, in mystische Welten zu reisen und diese mit den Augen eines Träumers zu sehen. Verlassene Häuser und verwunschene Orte in der Natur erzählen Geschichten, die sich in lebende Bilder verwandeln. Dafür ist die Kunstmühle der perfekte Ausstellungsort. Denn Wurzeln symbolisieren auch Verbundenheit, Ursprung, Heimat. Und stellt damit natürlich Fragen nach der Veränderung, Vergänglichkeit und auch Erneuerung von Heimat und unseren Wurzeln. Die Atmosphäre der Kunstmühle hat die Künstlerin sofort inspiriert, hier nicht nur Bilder aufzuhängen, sondern wirklich Räume zu gestalten.
Die Besucherinnen und Besucher waren durchwegs begeistert und kauften gleich vier der ausgestellten Kunstwerke schon am ersten Eröffnungstag.
Die Ausstellung ist noch bis einschließlich 15. Dezember 24 jeweils sonntags von 13 bis 17 Uhr in der Kunstmühle Flachslanden, Kellern 5, zu besichtigen. Der Eintritt ist frei, über Spenden freut sich der Kulturverein.

Carmen LaTanik!

Fotos: Raphael Rother

 

Carmela, 1,56 m groß,140 PS (!), ist eine durchgeknallte Tänzerin, liebenswerte Akrobatin und Virtuosin mit Hula-Hoops, die Äpfel mit einem einzigen Hüftschwung spaltet. Unterwegs mit ihrem lila Lastwagen, Beifahrer Günter Hans Joachim, eindrucksvolle 50 cm groß, und einer Horde dressierter Reifen präsentiert sie ihren „Circus Carmela“. Dort ist sie Direktorin, Künstlerin, Technikerin und Fahrerin zugleich. In ihrer aktuellen Show CarmeLaster bewegt, belebt und bespielt sie den 7,5 -Tonner in einem wilden Mix aus visuellem Theater und autobiografischer Comedy. Ist es Zirkus, ist es Theater? Auf jeden Fall ist alles echt! Klischees kommen bei ihr einfach unter die Räder – die vom fahrenden Volk und das von den echten Kerlen und den starken Maschinen sowieso. Denn wo Carmela Station macht, kann plötzlich alles passieren!

Ein einzigartiges Zirkus (-und-trotzdem-ist-alles-echt) -Theaterstück mit und auf einem lila Laster!

Toll, dass diese geballte Energie so tolle Akrobatik auf die Kunstmühle in Flachslanden gebracht hat!

 

Land lebt doch!

2024 durften wir als Neulandgewinner Ost-West Teil des Netzwerks der Neulandgewinner werden.
In diesem Zusammenhang haben wir auch mit der Stiftung Bundespräsident Theodor-Heuss-Haus zusammengearbeitet. Und die stellen uns dort charmant und präzise auf ihrer Internetseite folgendermaßen vor – wir zitieren:

„Kunstmühle Flachslanden

Eine alte Mühle als künstlerischer Ort – Lisa Renz-Hübner

Lisa Renz-Hübner

Rohrmühle Flachslanden: Das ist eine alte Mehlmühle von 1439, die im Lauf der Jahrhunderte schon dreimal abgebrannt und wiederaufgebaut wurde – in völliger Alleinlage, zwischen zwei Flüssen liegend. Die nächstgelegene Stadt ist Ansbach mit etwa fünfzigtausend Einwohnenden. 2021, im Jahr des Jahrhunderthochwassers, hatten Lisa Renz-Hübner mit ihrem Mann – beiden entstammen der Kulturbranche – diese Mühle gefunden, einen Ort mit viel Raum und Platz, „ein großer Schatz“, so ist die Journalistin Lisa Renz-Hübner sicher.

Im Grunde genommen besteht der Schatz aus sieben Gebäuden, darunter Haupthaus, Sägewerk, Scheune, Zahlhaus und Bedienstetenhaus – alle in unterschiedlichen Zuständen. „Wir können nicht fertig werden damit“, sagt sie lachend und meint damit Renovierung und Sanierung – das könne dann die nächste Generation fortführen und: „Wir können aber nicht abwarten – deswegen haben wir schon mal mit einem Bonsaikonzept losgelegt.“ So hat es bereits eine erste interaktive Ausstellung mit dem Künstlerkollektiv LEO N. gegeben, wobei es um die Bayrische Verfassung ging. In den Räumen hatten sie jede Menge alte Urkunden gefunden und damit gearbeitet.

In der Mehlmühle mit Kunst die Brücken zwischen Menschen schlagen

Erstaunlich war die Erfahrung, dass ein völlig anderes Publikum kam als gedacht, Leute, mit denen sie nicht gerechnet hatten – und die brachten verschiedene Sachen mit, „weil sie so heimatverbunden“ sind. In diesem Modell möchten sie bleiben und selber auf Schatzsuche gehen, Verborgenes, Zurückgelassenes entdecken und die Menschen dazu einladen, die kleine Hidden Gallery zu durchstöbern. Idee ist, die Leute einzeln oder zu zweit in die Räume zu lassen, sich mit ihnen auszutauschen, damit es Bonsai bleibt. Für eine künftige Reihe wie „Kunst macht Ferien“ kann sich Lisa Renz-Hübner alles Mögliche vorstellen, von Leseabend am Kamin über Konzert unplugged bis hin zu bildender Kunst aus der Region. Am liebsten aber würde sie zunächst Werke von ihrer Tandem-Partnerin Anna Barth ausstellen. Das ist natürlich noch völlig geheim – Hidden Gallery eben!“